»Und jetzt fehlt nur noch eins…« hört man Sebastian Lege in seiner Show “ZDF Besseresser” sagen. »Die Lieblingszutat der Lebensmittelindustrie: Wasser!«
Diesen Satz hört man von dem Koch, Produktentwickler und TV-Entertainer Sebastian Lege nicht nur häufig, sondern nahezu in jeder zweiten Sendung.
Formate wie “Besseresser” oder “Die Tricks der Lebensmittelindustrie” prangern immer wieder an, dass seitens der Industrie Lebensmittel mit billigen Wasser zum Wohle einer attraktiven Gewinnmarge gestreckt werden.
Manchmal zu recht. Häufig ist Wasser aber auch schlichtweg notwendig. Doch das Image vom “Billigen Werkzeug der Lebensmittelindustrie” ist fest verankert.
Sicherlich ein Grund, warum es immer mehr Unternehmen gibt, die auf eben diese Zutat verzichten. Nicht nur zur Steigerung des Wahrgenommenen Mehrwertes, sondern auch zum Wohle des Planeten.
Blue Farm
Zu den ersten Startups, die auf Wasser verzichteten, gehörte Blue Farm. Das 2019 von Philip von Have und Katia Helf in Berlin gegründete Unternehmen verkauft Hafermilch zum Selbermischen und erzeugt damit laut eigenen Angaben 70 % weniger Transportemissionen als ein fertiger Drink im Karton. Gleichzeitig spart der Verzicht auf Volumen bis zu 90 % Verpackungsmüll, da ein Beutel gleich vier Milchkartons ersetzt und zudem aus recyceltem und recycelbarem Mono-Kunststoff besteht. Auch soll der Haferdrink in Pulverform weniger Lebensmittelabfälle verursachen, weil die Hafermilch trinkfrisch angerührt wird, während fertige Drinks irgendwann ablaufen. Insgesamt hinterlässt Blue Farm also deutlich weniger Müll und CO2 als konventionelle Pflanzendrinks, da diese üblicherweise zu etwa 90 % Wasser aus Wasser bestehen.
GREENFORCE
Nur ein Jahr später erblickte GREENFORCE das Licht der Welt. Das Münchner Startup, gegründet von Thomas Isermann, setzt auf pflanzliche Alternativprodukte in Pulverform. »Wir geben unseren Kunden die Möglichkeit, sich ihr Pflanzenfleisch selbst anzurühren und nach eigenem Geschmack zu verfeinern, während die Konkurrenz vorwiegend fertige, gekühlte und in Plastik abgepackte Produkte anbietet.«, so Isermann in einem Interview gegenüber Munich Startup.
Dank dieser Easy-to-mix-Pulver können Kund*innen, genau die Menge an Produkt zubereiten, die sie gerade benötigen. Das soll Essensreste eliminieren. Darüber hinaus sind sie trocken lagerbar, wodurch die sonst notwendige kosten- und energieraubende Kühlkette vermieden wird. Hierdurch erreichen die Produkt einen deutlich besseren CO2-Fußabdruck.
Holy
Und dann wäre da noch Holy. Die Berliner, mit ihrem bunten und wilden Markenauftritt, vermarkten Energy- und Softdrinks in Pulverform und bieten damit ein Konkurrenzprodukt zu Startups wie Waterdrop und Air Up. Zudem enthalten die Pulver des Startups keinen zugesetzten Zucker und werden darüber hinaus mit funktionalen Inhaltsstoffen angereichert. Mit diesem Konzept kombiniert Holy die Megatrends Nachhaltigkeit und Gesundheit, gepaart mit einer sehr jungen und viralen Markenkommunikation.
Diese Mehrwerte kommen anscheinend nicht nur bei den Kund*innen gut an. Auch diverse Risikokapitalgeber glauben an das Modell und investieren fleißig ihr Geld.
GREENFORCE gab Ende 2022 eine erfolgreiche Finanzierungsrunde von 13 Millionen Euro bekannt. Zu den prominentesten Investoren von GREENFORCE zählen unter anderem der Münchner Feinkosthändler Michael Käfer, TV-Moderator Joko Winterscheidt und Fußballnationalspieler Thomas Müller.
Mitte 2023 schloss auch Haferpulver-Pionier Blue Farm eine erfolgreiche Finanzierungsrunde im siebenstelligen Bereich ab. Unter den Unterstützern finden sich Namen wie Zintinus Capital, dem Family Office der Flensburger Brauerei HGDF und dem weltweit tätigen Handelshaus Jebsen & Jessen.
Im selben Monat konnte auch Holy verkünden, 10,5 Millionen Euro von Investoren eingesammelt zu haben. Neben dem New Yorker Risikokapitalgeber Left Lane Capital beteiligten sich erneut Bestandsinvestoren wie Foodlabs und Simon Capital. Zudem erhalten die Berliner Unterstützung von den erfahrende Angels Bela Seebach, Gründer des Gewürz-Startups Just Spices und Benjamin Kremer von Yfood.
Vorteile von Lebensmitteln in Pulverform:
Vieles spricht also für Lebensmittel in Pulverform. Sie sparen Verpackung und vermeiden dadurch unnötigen Müll. Sie verzichten auf Wasser, was Transportgewicht und somit CO2 einspart. Darüber hinaus sind etwaige Produkte sehr lange haltbar und können nach Bedarf portioniert werden. Lebensmittelabfälle werden somit vermieden oder zumindest reduziert.
Also ein Win-win für alle und ein Modell mit rosiger Zukunft? Ein kleines Fragezeichen bleibt. Schuld ist der innere Schweinehund in uns allen. Der Mensch ist bekanntlich faul. Und ausgerechnet diese Faulheit schwebt als Damoklesschwert über der vermeidlichen Innovation. Produkte in Pulverform gehen einen Schritt zurück und nehmen einen Umweg für Endverbraucherinnen in Kauf. Die alles entscheidende Frage ist also: Akzeptieren die Kundinnen diesen Mehraufwand langfristig oder behält unser aller Schweinehund letztendlich die Oberhand?
Die Antwort auf diese Frage werden wir wohl erst in der Zukunft erhalten. GREENFORCE hat jedenfalls schon einen Schritt zurück gewagt und sein Pulver-Sortiment um Fertiggerichte im Glas erweitert - und zwar mit Flüssigkeit. Vielleicht aber auch nur eine Reaktion auf den Vorstoß der Rügenwalder Mühle, die in Zusammenarbeit mit KoRo eigene Ready-to-Mix Fleischalternativen lancierten.
Also doch ein Konzept mit Zukunft?
Quellen:
https://www.munich-startup.de/68667/greenforce-7fragen/
https://vegconomist.de/investments-finance/investitionen-akquisitionen/blue-farm-finanzierungsrunde/
https://this-is-vegan.com/die-besten-veganen-proteinpulver/
Weitere Trends entdecken
Newsletter Anmeldung
Nie wieder das wichtigste rund um die Branche verpassen.