Doch diese Begriffswelt bietet von Natur aus Verwechslungsgafahr: Die einen denken bei Probiotika an Actimel. Die anderen halten Ballaststoffe für Altlasten der Vollwertkost. Und wer von „Mikrobiom“ spricht, wird oft nur verständnislos angeschaut.
Die Folge: „Darmgesundheit“ bleibt ein diffuser Begriff, gefüllt mit medizinischen Assoziationen – und selten mit Lust oder Lifestyle.
In den USA und UK ist man weiter. Dort hat sich der Begriff „Gut Health“ etabliert – als positiv konnotiertes, griffiges Schlagwort.
Er steht nicht für Verdauungsprobleme, sondern für innere Balance, ein gutes Bauchgefühl, mentale Stabilität und ein starkes Immunsystem.
Er erlaubt funktionale Innovationen – ohne erklärungsbedürftige Fachbegriffe.
Deshalb gilt:
Nicht Präbiotika oder Probiotika sind der eigentliche Trend.
Es ist die neue, holistische Erzählung von Gut Health – und ihr Potenzial als Lifestyle-Code.
2. Vom Nischenkonzept zur Wellness-Währung
Lange Zeit galt der Darm als das unsichtbare Organ – irgendwie funktional, aber tabuisiert. Selbst gesundheitlich interessierte Menschen machten einen Bogen um das Thema, von der Werbung ganz zu schweigen. Doch das hat sich geändert. Und zwar deutlich.
In den 1990er-Jahren tauchten erste wissenschaftliche Arbeiten auf, die zeigten: Die Zusammensetzung der Darmflora beeinflusst weit mehr als die Verdauung. Heute wissen wir: Das Mikrobiom spielt eine Rolle bei Immunabwehr, Entzündungsregulation, Insulinsensitivität, sogar bei Depressionen und Demenz.
Die Fachliteratur ist inzwischen kaum noch überschaubar – und dennoch blieb der Transfer in die Alltagskultur lange aus.